Bereits Anfang der fünfziger Jahre erlangte die Idee von der Notwendigkeit einer umfassenden Bildungsreform in der politisch-gesellschaftlichen Diskussion der jungen Bundesrepublik Deutschland einen hohen Stellenwert.
Im Zuge des demokratischen Neubeginns und auf Grund der Veränderungen in der Gesellschaft, bedingt auch durch die technische Entwicklung, wollte man einerseits einem Verlust humanistischer Bildungsvorstellungen entgegenwirken und andererseits eine, an die gesellschaftlich-wirtschaftliche Situation angepasste, effiziente Allgemeinbildung erzielen. Vor allem das Bildungsgefälle von der Stadt zum Land sollte ausgeglichen werden. Ebenso suchte man nach Lösungen für die Problematik des Übergangs in eine weiterführende Schule.
Die Diskussion lief mit der Institutionalisierung der Bundesländer unter Bildungsfachleuten, schwerpunktmäßig aber in der Kultusministerkonferenz; mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 auch bei der Bundesregierung und im Bundestag. Im Jahre 1953 konstituierte das Bundesministerium des Inneren gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz der Länder den „Deutschen Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen“ und es wurde 1955 in der Kultusministerkonferenz das sogenannte Düsseldorfer „Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens“ verabschiedet. Der oben genannte Ausschuss legte schließlich 1959 den „Rahmenplan zur Umgestaltung und Vereinheitlichung auf dem Gebiete des allgemein-bildenden öffentlichen Schulwesens“ vor. Auf diesen Grundlagen wurde 1961 das hessische Schulverwaltungsgesetz beschlossen, das
- gleiche Bildungschancen für alle Volksschüler durch voll gegliederte und gut ausgestattete „Mittelpunktschulen“
- die Einrichtung von Förderstufen in den Klassen 5 und 6, vor allem zur verlässlicheren Einstufung in eine weiterführende Schule
- Realschulklassen für das 7. bis 10. Schuljahr
- den Aufbau leistungsstarker, gegliederter Sonderschulen
- und den Einsatz von Schulbussen als Zubringer zu den Mittelpunktschulen
forderte.
Im Landkreis Erbach wurde bereits 1952 mit dem Aufbau einer „Mittelschule“ (heute Realschule) für die Unterzent in Höchst i. Odw. begonnen und es liefen intensive Bestrebungen – vor allem vom Schulrat des Landkreises, Herrn Ernst Göbel, betrieben –, Rahmenplan und Schulverwaltungsgesetz im Landkreis umzusetzen. In der „Landschulreform“ sollten die zahlreichen „Zwergschulen“ im Odenwaldkreis, in denen mehrere Jahrgänge in einer Klasse gleichzeitig unterrichtet wurden, in vollgegliederten Mittelpunktschulen zusammengefasst werden. Das Angebot an Realschulen konnte die weiten Wege vieler Schüler zu solchen weiterführenden Schulen enorm reduzieren, moderne Schulgebäude mit optimaler Ausstattung sollten diese Aufgabe erfüllen helfen. In Landrat Georg Ackermann fand dieser engagierte Schulmann den Partner, der das politische Gewicht besaß, solche bahnbrechenden Neuerungen zu verwirklichen. So schlossen sich zwischen 1960 und 1964 die 93 Gemeinden des Landkreises mit ca. 70.000 Einwohnern zu zunächst sechs Schulverbänden zusammen.
Der Schulverband Unterzent wurde gegründet für Höchst und die umliegenden, selbstständigen, kleineren Gemeinden und für die Gemeinden (in alphabetischer Reihenfolge) Breitenbrunn, Haingrund, Hainstadt, Lützel-Wiebelsbach, Neustadt, Rai-Breitenbach, Rimhorn, Sandbach und Seckmauern. 1966 teilte sich der Schulverband Unterzent in zwei selbstständige Schulverbände: Für die GAS war das der „Schulverband der Georg-Ackermann-Schule Rai-Breitenbach“. Ab 1970 gingen die Schulen in die Trägerschaft des Landkreises über und die Gemeinden zahlten die sogenannte Schulumlage.
Der gesamte Prozess lief nicht ohne – teilweise heftige und emotionale – Widerstände konservativer Gruppen in den Gemeinden ab. Ebenso blieben parteipolitische Auseinandersetzungen nicht aus. Sachlich ging es dabei um die Frage der Sinnhaftigkeit dieser bildungspolitischen Maßnahmen im Einzugsbereich der künftigen „Georg-Ackermann- Schule“ um lokalpolitischen Streit wegen des Standorts, auch um die Gesamtproblematik der Schulwege für die Kinder und um die finanziellen Belastungen für die Gemeinden durch Bau und Unterhaltung der neuen Schulen und durch die Schulbuskosten.
Der Bau der Georg-Ackermann-Schule kostete rund 4,2 Millionen DM. Sie ging nach den Osterferien 1964 als Grund-, Haupt- und Realschule in Betrieb. Eine ganze Flotte von Bussen brachte ca. 95 Prouzent der Schüler von ihren Wohnorten zum Unterricht in der neuen Mittelpunktschule, der mit der anderen, ebenfalls neuen Grundidee begann: der Förderstufe. Zunächst als „förderstufenähnliche Einrichtung“ in den Klassen fünf und sechs wurden die Schüler aller Leistungsniveaus gemeinsam unterrichtet. In den Hauptfächern Deutsch, Mathematik und Englisch konnten dann die Schüler in unterschiedlichen Leistungskursen ihre Möglichkeiten austesten, um erst ab der Jahrgangsstufe sieben in die verschiedenen Schulformen auseinanderzugehen. In der Georg-Ackermann-Schule erfolgte die Differenzierung im Fach Deutsch nur in den Anfangsjahren. Diese Förderstufe wurde bis zum Schuljahr 2001/2002 praktiziert. Besucher vieler Länder, sogar aus Ostasien, informierten sich vor Ort über diese Gestalt gewordenen fortschrittlichen Ideen.
Die Grundschüler aus Neustadt, Hainstadt und Rai-Breitenbach gingen sofort mit dem Start in die Georg-Ackermann-Schule (GAS), die aus Rimhorn und Wald-Amorbach kamen erst 1969 zur GAS hinzu.
Auch in der Hauptschule wurden einige Jahre lang in den Fächern Mathematik und Englisch Kurse gebildet und besonders schwachen Schülern im Fach Englisch dieser Unterricht erlassen. Sie erhielten stattdessen Zusatzunterricht in Deutsch und Mathematik.Aus der Realschule wurden die ersten Schüler Ende des Schuljahres 1968/69 entlassen. Im darauf folgenden Schuljahr begann die Arbeit eines Sonderschulzweiges.
Wegen der großen Schülerzahlen (im Schuljahr 1972/73 mit etwas über 1100 Schülern, in 38 Klassen, mit 45 hauptamtlichen und 6 nebenberuflichen Lehrkräften) wurde die Grundschule 1974/75 verselbständigt und sie zog ein Jahr später in eigene Gebäude unterhalb der GAS, der heutigen „Breuberg-Schule“.
Mit der Eröffnung eines gymnasialen Zweiges an der Ernst-Göbel-Schule in Höchst ab der fünften Klasse fehlten den Förderstufen der Unterzent zunehmend die besonders leistungsstarken Schüler. Die Schülerzahl der GAS z. B. sank auf rund 550. Eine sinnvolle Arbeit mit A-Kursen war kaum noch möglich. Die Gesamtkonferenz der GAS forderte daraufhin vom Kreis, als Gesamtschule organisiert zu werden. Vom Kreis einberufene Elternversammlungen an allen Standorten der Mittelpunktschulen der Unterzent im Schuljahr 1992/93 ergaben große Mehrheiten für die Wiedereinführung der Förderstufen, die im folgenden Schuljahr realisiert wurde. Danach stabilisierte sich die GAS wieder.
Ab dem Schuljahr 1996/97 wurde die Georg-Ackermann-Schule in der Organisationsform einer kooperativen (additiven, schulformbezogenen) Gesamtschule geführt, was bedeutet, dass seitdem alle drei Schulformen unter einem Dach und in betonter Zusammenarbeit angeboten werden. Es war also ein Gymnasialzweig hinzugekommen, der sich im Laufe der Jahre stabilisierte und in der Regel zweizügig pro Jahrgang war und ist.
Als Folge der wieder veränderten hessischen Schulpolitik begannen die drei Schulformen ab dem Schuljahr 2002/2003 bereits in den fünften Klassen. Somit ist die Förderstufe durch schulformbezogene Klassen in den Jahrgangsstufen fünf und sechs ersetzt worden.
Den vorläufig letzten Entwicklungsschritt bedeutet der Aufbau einer Mittagsbetreuung ab 2003/2004 als erster Stufe zur Ganztagsschule. Dazu werden vielfältige Aktivitäten und Betreuungsformen von Schülern organisiert und aus zugewiesenen Finanzmitteln selbstständig Kräfte dafür engagiert. Durch schulinterne Anstrengungen wurde zunächst eine Cafeteria für Pausen- und Mittagsversorgung und ein Schulbedarfskiosk eingerichtet. Durch Baumaßnahmen des Kreises konnten dann im Jahre 2004 eine Versorgungsküche und ein Speisesaal diese Aufgabe professionell übernehmen.
In diesem Zuge entstand auch eine Schulaula, die Versammlungen, Feiern und Kulturveranstaltungen in angemessenem Rahmen möglich machten. Die Überlassung des ehemaligen Hausmeisterhauses verschafft der Schülerbücherei, der Schulseelsorge und der sozialpädagogischen Betreuung die notwendigen Räumlichkeiten.
An dieser Stelle soll auch zusammenfassend erwähnt werden, dass der Odenwaldkreis durch kontinuierliche Bau- und Renovierungsmaßnahmen dieFunktionstüchtigkeit der Schule erhielt und immer weiter verbesserte. Zu diesen größeren Bauaktivitäten gehören u.a. die Grundrenovierung der Schule (1988 und 1989), die Errichtung eines naturwissenschaftlichen Neubaus (1994), der Ausbau von vier Klassensälen in Freiräumen unter den Gebäuden, die Vernetzung der Schule für einen modernen EDV-Unterricht und die Ausstattung mit Schüler- und Verwaltungscomputern (2001), die Erweiterung durch ein größeres Lehrerzimmer, die Umgestaltung des Verwaltungstraktes und die Umwidmung von Räumen in Besprechungszimmer (2002), der Umbau der Pavillons (2004 ) und die Neugestaltung des Sporttrakts und der Sportanlagen (2006/07). Im September des Jahres 2007 erfolgte der 1. Spatenstich für einen weiteren Neubau mit 7 Klassenräumen.
Günter Eckert